Dienstag, 24. Juli 2007

SEO per pedes

Derzeit schwimme ich gerade auf der Welle des Web 2.0. Vor allem begeistert mich das, was gemeinhin als social bezeichnet wird: Mister Wong ist ein Beispiel dafür. Dort verwalte ich meine Bookmarks online und habe sie so auf der Arbeit und daheim immer stets präsent. Außerdem erfahre ich etwa über die Charts, was es eventuell noch an tollen neuen Seiten gibt.

Der Vorteil von Mister Wong gegenüber den Web 1.0 Suchmaschinen: Dort werden Inhalte von Menschen wie Dir und mir gespeichert. Schlagworte/Tags werden von Menschen statt von Maschinen vergeben. Somit gibt es keinen Algorithmus, mit dem man die Suchmaschine Mister Wong zum Fallen bringen kann.

Natürlich gibt es die Möglichkeit auch dort Bookmarks als Spam zu hinterlegen. Ich selbst bemühe mich, wenn mir dies auffällt, gleich mit dem Mister Wong Team Kontakt aufzunehmen, um das Ganze ein wenig sauber zu halten. Wie lange das funktioniert? Keine Ahnung.

Letztens bekam ich aber eine Email, die mich förmlich vom Hocker gehauen hat. Ich bezeichne sie als SEO per pedes (Suchmaschinenoptimierung zu Fuß). In der Email wurde ich nett angesprochen (Du hast viele Bookmarks bei Mister Wong) und bekam dazu Geld versprochen. Aber lest selbst. Ich habe den Brief anonymisiert, weil ich nicht gedenke, mit diesem Posting doch noch Werbung für die betreffende Seite zu machen:

Hallo Mark,

ich bin auf deine Links bei Mister Wong gestoßen - unter: http://www.mister-wong.de/user/Thragor/ Deine Links sind umfangreich und aktuell - und ein öffentlicher Link in deiner Liste wäre daher vielleicht auch für Google-Rankings wertvoll.

Für einen dauerhaften Link würde ich dir daher gern (ohne weitere Gegenleistung) einmalig einen kleinen Geldbetrag überweisen - im Vertrauen, dass du ihn nicht gleich wieder entfernst. Falls du einen oder mehrere Links setzt, teile mir danach einfach eine Bankverbindung mit. Ich biete dir 10 Euro für einen Link, 15 Euro für zwei und 20 Euro für drei Links zu meinen Seiten.

[...]

Meine Wunschlinks:

  1. URL: http://[...]
    Titel: [...] im Vergleich
    Kommentar (Vorschlag): [...]
  2. [...]

Da bot mir also tatsächlich jemand Geld dafür, die Suchmaschine, die ich neben Google am liebsten nutze, kaputt zu machen, indem ich dort Bookmark Spam ablege.

Durch Kontakt mit dem Geschäftsführer von construktiv, den Machern von Mister Wong, erfuhr ich, dass der Herr nicht nur mich angeschrieben hatte, sondern auch einige andere, die sich beschwert hatten. Nur zwei waren ganz offensichtlich auf sein Angebot eingegangen.

Nachdem der Autor der Email erfuhr, dass er auf Mister Wong gesperrt wurde, bekam ich eine Email von ihm, mit der Bitte, mich bei Mister Wong für ihn einzusetzen. Er habe die AGB einfach vorher nicht gelesen und wusste nichts von seinem Vergehen. Außerdem habe er nur mich und eine andere Person angeschrieben. Gleichzeitig bat er mich, drei Seiten von ihm zu bookmarken, die bestimmt keine Werbung beinhalten würden. Die Email führe ich hier mal nicht an, aber Ausschnitte meiner Antwort:

Sehr geehrter Herr [...],

[...]

Als ich Ihre erste Mail erhielt war ich aus mehreren Gründen verärgert. Zum einen wirkte sie wie Spam (im Sinne von Massenmails). Keinerlei persönlicher Bezug außer dem Namen, eine vorgefertigte Maske. Solche Mails bekomme ich jeden Tag dutzendfach, meist weniger gehaltvoll und sicherlich nerviger als die Ihre. Dies war der erste Grund für mein Ärgernis.

Der zweite war, dass Sie mich bitten aus Gründen der Suchmaschinenoptimierung Ihre Links mit aufzunehmen. Darin sehe ich eine Verletzung dessen, was ich aus meinem tiefsten Selbst heraus als Web 2.0 empfinde. Damit wird der Sinn von Social Bookmarking ad absurdum geführt. Dazu muss man meines Erachtens keine AGB oder ähnliches der Betreiber lesen. Es gehört für mich eigentlich zum guten Ton, vielleicht sogar zur Netiquette im Internet dieses Social Web nicht zu missbrauchen.

Der dritte Grund war, dass Sie mir Geld dafür geboten haben. Ich bookmarke nicht für Geld. Zum einen wirkte dadurch Ihre Mail unseriös (ich bekomme immer mal wieder Geld geboten in wohlbekannten Spam-Mails geboten) und zum anderen fühlte ich mich dadurch bestochen und nicht für voll genommen.

Sie scheinen mit Ihrer Taktik ja erfolgreich zu sein. Immerhin haben sie es beim Heise SEO Wettbewerb auf Platz [...] geschafft. Und auch sonst sind Ihre Links vielfach im Internet zu finden. Teilweise selbst als unscheinbare Links in ernsthaften Foren, wo sie auch mehr wie Spam wirken als wie alles andere. Darum bringt es sicherlich nichts, Ihnen zu sagen, wie sie Leute wie mich dazu kriegen könnten, Ihre Seiten zu bookmarken. Trotzdem will ich es Ihnen erläutern: Wenn Sie in einer persönlichen Mail mir z. B. gesagt hätten "Ich sehe, Du hast das und das Interesse. Magst Du Dir vielleicht auch mal meine Webseiten ansehen." so wäre Ihnen ein Klick von mir sicher gewesen und vielleicht sogar ein Bookmark, wenn ich den Inhalt der Seite für gut befunden hätte.

Immerhin haben Sie es durch Ihre jetzige Mail geschafft, einen "Klick" reicher zu sein. Leider gleich meine nächste Enttäuschung: Die Seite [...] ist eben nicht werbefrei, sondern führt direkt zu den buch24.de Links. An den Links finde ich nichts verwerfliches. Immerhin sind sie deutlich als Werbung gekennzeichnet. Aber dann können Sie in Ihrer Mail nicht die Behauptung aufstellen, die Seite sei werbefrei.

Mich bei Mister Wong für Sie einzusetzen würde daher meinem innersten Selbst widersprechen. Auch wenn ich Vorgehen wie die Ihren wohl oder übel tolerieren muss in den Weiten des Internet - gutheißen kann ich sie nicht. Dazu erlebe ich inzwischen zu viele Suchmaschinen die "kaputtoptimiert" sind.

Schade eigentlich... Ihre [...]-Seite ist sehr interessant und wäre mir einen Bookmark wert gewesen. Aber eben nicht gegen Geld, nicht auf diese Art.

Wie ich ja von Mister Wong erfuhr, bin ich nicht der einzige gewesen, der offensichtlich etwas gegen solche Machenschaften hat. Daher hege ich noch die Hoffnung, dass das Social Web auch mit solchen Problemen fertig werden kann.

Übrigens habe ich auf meine Antwort-Email nie wieder eine Reaktion bekommen...

1 Kommentar:

Michael hat gesagt…

schade sowas. aber so läuft das im seo-buisness... bin übrigens via mister-wong auf dein blog gestoßen ;)