Mittwoch, 17. Juni 2009

Iran: Cyberrevolution – Die Macht der 140 Zeichen

Hint: You can find the English Version of this posting on my English Blog.

Die letzten Stunden habe ich das Gefühl, etwas Besonderes zu erleben. Seit den Wahlen in Iran am Freitag und der Verkündung der im wahrsten Sinne des Wortes unglaublichen Wahlergebnissen brodelt es im Iran.

Der Vorwurf: Wahlbetrug. Und das hallt nicht nur durch die Straßen Teherans – nein, es hallt durch die Weiten des Internets mit einem tausendfachen Echo. Das Echo hat einen Namen: „Retweet“. Und das Medium des Echos ist eine Erfindung, der ich in den letzten Tagen wirklich den Titel „Revolution des Internets“ zuerkennen möchte: Twitter.

Ein kleiner Blog – ein „Microblog“

Twitter ist ein sogenannter Microblog. 140 Zeichen hat ein Mensch, um seinen Gedanken, Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Und wer hätte gedacht, dass so wenig Text je so viel Emotionen transportieren und wecken können.

Twitter in den Nachrichten

Seit zwei Tagen ist Twitter auch permanent in den Nachrichten des deutschen Fernsehens vertreten. Isabel Schayanis, Islamwissenschaftlerin und Redakteurin bei Monitor, formulierte es heute sehr schön in einem Kommentar in den Tagesthemen: „Und was sind ihre Waffen? Sie halten ihre Handys in die Luft!“ - Denn mehr bedarf es nicht, um via Twitter einen 140-Zeichen langen Text rund um den Globus zu schicken.

Retweet-Wellen

Damit das klappt, braucht man Retweets. Denn eigentlich bekommen nur diejenigen die 140-Zeichen-Nachricht, die einem „folgen“. Einige haben „nur“ 20 sogenannte „Follower“ andere haben tausende.

Damit nun eine Nachricht sich in alle Freundeskreise verteilt, nehme ich zum Beispiel die Twitter-Nachrichten (kurz: Tweets) von Masiar auf, setze ein „RT @masiar:“ davor und sende die Nachricht erneut los. Und schon haben nicht nur Masiars Follower die Nachricht, sondern auch meine.

So schwappen gerade ganze Retweet-Wellen durch Twitter. Teils nur kurze Nachrichten, man sei auf der Demonstration, teils mit Links zu Bildern und Videos direkt vom Ort des Geschehens.

Hashtags

Und damit alle Informationen auch gefunden werden, werden die Tweets mit sogenannten Hashtags versehen. Schlag- oder Schlüsselworte hätte man es früher vielleicht genannt, Tags seit kurzem etwa in Bookmark-Diensten und in Twitter nun die Hashtags: Die Schlüsselworte beginnen alle mit einem Doppelkreuz, dem „Hash“, so dass Dienste wie Hashtags.org genau nach diesen Hashtags die Nachrichten filtern können. Die bekanntesten Hashtags zum Thema Iran-Wahl sind derzeit:

  • #iran
  • #iranelection
  • #gr88 – steht für „Green Revolution 1388“ und stammt, so ich das richtig sehe, aus der Feder des Twitter Users @iran09 – Iran Election 2009. „1388“ ist dabei das Jahr 2009 in iranischer Zeitrechnung.
Beeindruckend auch der bei Hashtags.org zu findende Verlauf der Verwendung etwa des Tags #iranelection:

Ich fühle mit euch!

Für mich transportieren diese Nachrichten Emotionen – ich fühle mich sicherlich nicht direkt vor Ort – aber ich fühle mit den Iranern, die sich um ihre Stimme betrogen fühlen. Ich wünsche mir nichts sehnlicher, als dass diese Cyberrevolution – diese Revolution, angeschürt durch das Internet – zu einem Erfolg wird. Ein Erfolg ohne großes Blutvergießen (leider wurde schon Blut vergossen), sondern friedlich – mit dem Handy zum Protest erhoben!

Berliner Morgenpost – Der Iran twittert Morgenluft

Sehr lesenswert zu diesem Thema ist der Beitrag aus der Berliner Morgenpost vom 16.06.2009, mit dem schönen Zitat: „Der Iran twittert Morgenluft“. Der Artikel erklärt mit verständlichen Worten, was Twitter eigentlich ist und das wir hier womöglich gerade die „Revolution der Revolution“ erleben. Und damit spricht der Artikel mir aus tiefstem Herzen.

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